Gewalt ist kein Argument… gegen Antifa

Wenn mir $Leute erzählen, sie lehnen "die Antifa" ab, höre ich als Begründung immer wieder folgendes Argument: Die Antifa lehnt Gewalt nicht ab, bzw. in der Antifa gibt es auch solche, die Gewalt nicht ablehnen.

Ich werde im Folgenden erläutern, warum dies kein gutes, ja warum dies überhaupt kein Argument ist.

Antifa ist bekanntermaßen keine Organisation. Antifa ist die Abkürzung für antifaschistische Aktion, was wiederum bedeutet, sich aktiv gegen Faschismus zu engagieren. Es ist also nicht nur die Meinungsäußerung, Antifaschismus gut zu finden.

Buchstäblich jede*r kann sich selbst als Antifa bezeichnen. Da in unserer Gesellschaft ein breites Spektrum an Persönlichkeiten zu finden ist, spiegelt sich dies auch in den Antifa wieder. Es gibt Schulabbrecher* und Hochschulprofessor*en, Hilfsarbeiter* und Manager*, Jugendliche und Senioren, die sich den Antifa zuordnen. Und eben auch Pazifist*en und Gewaltbereite.

Wer eine Antifaflagge aufhängt, bekundet damit nicht Sympathie mit ausnahmslos allen Menschen, die jemals unter derselben Flagge Aktionen jedwelcher Art gegen Faschismus unternommen haben, dies gerade tun oder künftig noch tun werden. Es bedeutet auch nicht, daß eins selbst aktiv gegen Faschismus handelt (wenn man das Aufhängen der Flagge nicht bereits als solche Handlung erachtet).

Das Aufhängen der Flagge bekundet nichts weiter, als eine Sympathie mit dem aktiven Engagement gegen Faschismus und die Anerkennung der Notwendigkeit desselben.

Wechseln wir den Schauplatz: Ich bin Motorradfahrer. Als ich noch ein Jugendlicher war, hatte ich das Glück, daß meine Eltern mir den 80'er-Führerschein und mein Opa mir das passende Moppet spendierten. Fortan war mein Ruf in der Nachbarschaft zementiert: Ich war über Nacht zum Rocker mutiert. Also, nicht äußerlich. Da war ich immer noch derselbe schmächtige (185cm, 67kg), nicht sonderlich mutige Hänfling. Ich achtete auch tatsächlich darauf, helle Motorradbekleidung zu tragen, um eben nicht mit jenen in einen Topf geworfen zu werden, aber ich war plötzlich ein Rocker.

Ich hatte mich auch von den inneren Werten nicht verändert. Ich half in der Gemeinde, war speziell bei den Senior*en in der Nachbarschaft für meine Hilfsbereitschaft und guten Manieren beliebt. Ich war sogar eine Zeit lang deutschlands jüngster Kirchenältester. Und wenn ich unsere Straße mit Schrittgeschwindigkeit nach Hause fuhr (denn ich war der Meinung, daß 30km/h viel zu schnell für das unübersichtliche Gässchen sind), dann beschwerte sich regelmäßig die Nachbarin, ich wäre wieder gerast und ein verantwortungsloser Rocker.

Dann  verliebte ich mich. Doch als ich meiner Angebeteten den Hof machen wollte, spürte ich die Ablehnung meiner künftigen Schwiegereltern. Diese erklärten meinen Eltern (nicht mir!), sie hätten sich was anderes für ihre Tochter gewünscht, als einen Rocker. Wohlgemerkt war ich zu diesem Zeitpunkt regelmäßiger Besucher des christlichen Jugendkreises im Ort.

Ich wurde abgelehnt, nur weil ich Biker war. Ich hatte mir nichts zu Schulden kommen lassen, wurde aber mit den wenigen Deppen, die es unter den unzähligen Bikern gibt, über einen Kamm geschoren.

Zurück zum Thema: So wie es unter Motorradfahrer*n solche gibt, die über die Stränge schlagen, so gibt es auch bei den Antifa welche, die es übertreiben und Dinge tun, die ich selbst nicht gutheiße.

Und jetzt kommst Du daher, und sagst, weil Du Gewalt strikt ablehnst, es aber gewaltbereite Antifa gibt, kannst Du Antifa nicht unterstützen.

Hast Du einen Motorradführerschein? Es werden Verbrechen unter Zuhilfenahme von Motorrädern begangen. Handtaschendiebstähle zum Beispiel. Und in Palästina läßt die Hamas auch schon mal Andersdenkende an ein Motorrad ketten und öffentlich zu Tode schleifen.

Warum gibst Du Deinen Motorradführerschein nicht ab, um Dich von solchen Verbrechen zu distanzieren?

Ok, Du bist kein* Biker*, aber Du fährst Auto? In Autos werden illegale Güter geschmuggelt. Ja sogar Menschen, oft gegen deren Willen. In Autos werden Menschen ermordet und dann die Leichen zum Versteck gefahren. Mit Autobomben werden viele Menschen auf einmal getötet und verletzt.

Wieso kannst Du es mit Deinem Gewissen vereinbaren, noch Auto zu fahren?

Wieso ist Dein Gewissen nur bei Antifaschisten so sensibel?

Mit dem Gedanken laß ich Dich jetzt erstmal alleine.

Eins noch zum Schluß: Es gibt sehr wohl gute Gründe, die Antifa als Ganzes abzulehnen. Dies sind persönliche Gründe. Wenn eins mit Individuen aus dem Antifa-Spektrum konkret schlechte Erfahrungen gemacht hat, dann ist das ein valider Grund, nicht von anderen Antifa oder auch nur einer Antifa-Flagge getriggert werden zu wollen.

p.S.: Mit meiner, weiter oben erwähnten, großen Liebe bin ich inzwischen etliche Jahre glücklich verheiratet. Sie ist immer noch meine große Liebe — und sie hat einen Motorradführerschein gemacht. 😉

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